Wie wird man überhaupt Zootierarzt? Durch Zufall und Beharrlichkeit, sagt der Berliner Zootierarzt Dr. André Schüle. Rolf Nathaus spricht mit ihm über Kritik am Konzept Zoo, darüber, dass ein permanenter Therapienotstand bei Arzneimitteln auch eine glückliche Fügung sein kann und was der Medienhype um den Eisbären „Knut“ über das Mensch-Tier-Verhältnis aussagt.
Fast 20 Jahre ist Dr. André Schüle jetzt Zootierarzt in Berlin. Bundesweit bekannt geworden durch den Medienhype um Eisbär „Knut“ (2006), spricht er über ethische Entscheidungen wenn es um Wildtiernachwuchs geht, und das niemand im Zoo scharf sei auf die Handaufzucht. Er erklärt, warum ein Zootierarzt vom Crowdwissen der weltweit vernetzten Kollegen abhängig ist, etwa beim Blutbild des großen Ameisenbärs. Und dass die schönsten Tage immer noch die sind, an denen „Du Hai, Schlange, Orang und Papagei behandelst“, eben weil die Arbeit so vielfältig ist.
André Schüle hat bereits im Studium auf das Berufsziel „Tierarzt für Wildtiere“ hingearbeitet. Trotzdem war der Job im Zoo Berlin „ein Sechser im Lotto“, denn die Zahl der Zootierärzte in Deutschland ist überschaubar.
Darüber werden Sie was hören – Zeitstempel
Der Gesprächspartner
Dr. André Schüle (Jg. 1974) arbeitet seit fast 20 Jahren (2003) als einer von zwei Zootierärzten im Zoo Berlin. Schon im Studium an der Freien Universität Berlin (1995 – 2001) hat er sich für Wildtiere interessiert und deshalb so viele (Wahl)Praktika wie möglich in diesem Bereich absolviert und auch sonst jede Gelegenheit genutzt, im Zoo zu sein.
Inzwischen arbeitet Schüle nicht nur in Deutschlands ältestem Zoo, sondern wohnt auch mit seiner Familie dort. Er ist zum einen Zootierarzt, aber als Kurator auch organisatorisch für vier der 21 Reviere des Zoos verantwortlich.
Bildnachweis Portrait: © Zoo Berlin
Hintergrund:
Die deutschen Zootierärzte sind in einem eigenen Verband organisiert, der sich auch berufspolitisch zu Wort meldet. Aktuell ist das neue deutsche Tierarzneimittelgesetz (TAMG / vom Bundestag verabschiedet 25.6.2021) Anlaß für heftige Proteste der Zootierärzte –> mehr hier. Sie befürchten, dass z.B. Importverbote die Arzneimittelversorgung für Wildtiere gefährdet und viele Tiere in den Zoos nicht mehr adäquat veterinärmedizinisch behandelt werden können.
In Deutschland sind 56 Zoos und Tierparks im Verband der Zoologischen Gärten Mitglied. Es ist die älteste Zoovereinigung der Welt (gegr. 1887).